Santiago de Compostela ist die Hauptstadt der Autonomen Gemeinschaft Galicien und hat 95.207 Einwohner (Stand 2011). Die Stadt ist katholischer Erzbischofsitz und Wallfahrtsort, Ziel des Jakobswegs sowie Standort der Universität Santiago de Compostela und wichtiger pharmazeutischer Industrie.
Namensherkunft
Der Name setzt sich zusammen aus Santiago (deutsch: heiliger Jakob), was über die Zwischenform Sant Jago eine abgeschliffene Form von lateinisch Sanctus Iacobus darstellt, und Compostela. Der zweite Namensteil wird verschieden gedeutet. Volksetymologisch und wegen der Erwähnung einer Lichterscheinung in Zusammenhang mit dem Jakobsgrab wird gern das lateinische campus stellae ‚Sternenfeld‘ angenommen (siehe Stadtwappen: Stern und Reliquienschrein). Allgemein geht man heute von einem Friedhof – die Römer begruben ihre Toten an Wegen und Kreuzungen – an einer Straße als Namensgeber aus und erklärt etwa mit lateinisch compostum ‚Friedhof‘. Im Museum der Kathedrale kann der alte Weg unterhalb der Kathedrale besichtigt werden.
Weil aber auch diese Erklärung letztlich nicht beweisbar ist, finden sich in der Fachliteratur (unter anderem bei Legler) weitere Deutungsversuche, die das in der Translatio erwähnte vorchristliche Heiligtum einbeziehen.
Geschichte
Jakobus der ältere war einer der zwölf Jünger Jesu, Sohn des Zebedäus und Bruder von Johannes. Der Legende nach ging er gleich nach Christi Himmelfahrt in die römische Provinz Hispania, das heutige Spanien, um dort zu missionieren – allerdings mit wenig Erfolg. Er kehrte dann nach Palästina zurück und wurde dort schließlich auf Befehl des Königs Herodes Agrippa I. von Judäa im Jahre 43 geköpft. Nach einer in Spanien seit dem Mittelalter verbreiteten Legende wurde sein Leichnam in ein Boot gelegt, das dann an die Küste Spaniens getrieben wurde. Nach einer anderen Version brachten seine Jünger Athanasius und Theodorus den Leichnam auf dem Seeweg in sein Missionsgebiet Spanien und setzten ihn in einem Steingrab auf dem Gebiet der heutigen Stadt Santiago de Compostela bei. Nach einer anderen in Kirchenkreisen verbreiteten Legende schenkte Kaiser Justinian die Gebeine dem Sinaikloster; in den Stürmen des Islam brachten Mönche die Reliquien in Spanien in Sicherheit. Als die Muslime auch Spanien eroberten, vergrub man die Reliquien an der Stelle, an der sich heute Santiago de Compostela befindet. Ausgrabungen zeigen, dass sich dort eine Nekropole befand, die zu einem römischen Militärlager aus dem 1. bis 4. Jahrhundert und einer suebischen Siedlung aus dem 5. bis 7. Jahrhundert gehört hatte.
Im Zeitraum von 818 bis 834 (das oft genannte Jahr 813 stimmt nicht) wurde das angebliche Grab entdeckt. Der Legende zufolge sah der Eremit Pelayo eine Lichterscheinung, die auf ein Apostelgrab hinwies. Man meldete das Theodemir, dem Bischof von Iria Flavia. Als man dann tatsächlich ein Grab fand, erklärte Theodemir, es sei das Grab des Heiligen Jakobus. Darauf ließ König Alfons II. von Asturien (791–842) dort eine Kirche errichten, die sich zu einem Wallfahrtszentrum entwickelte. Um die Kirche herum entstand ein Dorf, das im 10. Jahrhundert zur Stadt Santiago wurde.
Die einschiffige Kirche wurde bald zu klein. So wurde 872 unter König Alfons III. mit einem größeren dreischiffigen Bauwerk begonnen. Am 10. August 997 zerstörte Almansor, der große Heerführer des Kalifen von Córdoba, die Stadt und die Kathedrale. (Das Grab des Jakobus wurde allerdings nicht beschädigt.) Die Glocken der Kathedrale wurden von versklavten Christen in das 1.000 Kilometer entfernte Córdoba geschleppt. (Nach der Eroberung Córdobas am 29. Juni 1237 durch kastilische Truppen ließ man sie durch maurische Sklaven wieder nach Santiago zurückbringen.) Erst unter Alfons VI. wurde die Kirche neu aufgebaut. Die Arbeiten begannen nach verschiedenen Quellen entweder 1075 oder 1078. Um diese Zeit wurde Santiago de Compostela neben Rom und Jerusalem zum bedeutendsten Wallfahrtsort der Christenheit.
Die Legende, wonach Jakobus in Spanien gepredigt hat, wird von der heutigen Geschichtsforschung als unhistorisch betrachtet. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt für die Vermutung, dass die Reliquien echt sind.
1985 wurde Santiago de Compostela von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Der Camino de Santiago (Jakobsweg) wurde 1987 zum ersten europäischen Kulturweg erhoben, 1989 fand in Santiago de Compostela der IV. Weltjugendtag statt.
Im Jahr 2000 war Santiago de Compostela Kulturhauptstadt Europas.
Pilgerwesen
Das Pilgerziel: Reliquienschrein des Apostels Jakobus
Santiago wurde um 830 zum Wallfahrtsort ernannt, als man die in einem Grab gefundenen Gebeine dem Apostel Jakobus zuschrieb. In der eindrucksvollen Kathedrale schmückt ein vergoldeter Baldachin den Altar. Ein ständiger Pilgerstrom bildet Schlangen, eine große Sitzfigur des heiligen Jakobus wird als Zeichen der Ehrerbietung umarmt und geküsst.
Santiago de Compostela gehörte neben Rom und Jerusalem zu den bedeutendsten Pilgerzielen des christlichen Mittelalters. Das Einzugsgebiet reichte bis Skandinavien und in das östliche Mitteleuropa. Seit dem 15. Jahrhundert sind heilige Jahre belegt, die immer dann stattfinden, wenn der Jakobstag (25. Juli) auf einen Sonntag fällt. Seit dem Heiligen Jahr 1976 erlebt der Jakobsweg eine Renaissance. Jährlich treffen etwa 75.000 Pilger zu Fuß, auf dem Fahrrad, zu Pferd oder als Rollstuhlfahrer in Santiago ein. Seit dem frühen 11 Jh. ist die Jakobsmuschel (Pecten maximus) als Pilgerzeichen belegt. 1106 wurde in Italien von Wundern berichtet, die allein durch die Berührung eines solchen Pilgerzeichens stattfanden. Die Muscheln wurden von der Atlantikküste nach Santiago gebracht, üblicherweise mit zwei Löchern versehen und auf dem Markt nördlich der Kathedralentür an die Pilger verkauft. Die Muscheln wurden vorne am Hut getragen und dem Pilger oft mit ins Grab gegeben.
Ein weiterer Pilgerweg führt von Sevilla nach Santiago de Compostela, der sogenannte Silberweg oder Ruta de la Plata. Er führt entlang der Grenze zu Portugal durch die Extremadura und wurde vor etwa 2000 Jahren von den Römern erbaut. Die Mauren nannten ihn „Ruta Bal’latta“, was „breiter gepflasterter Weg“ bedeutet.
Der Flughafen von Santiago liegt 15 km nordöstlich der Stadt. Er wird seit Winter 2005/06 täglich von Ryanair ab Frankfurt-Hahn und London Stansted angeflogen. Air Berlin (über Palma de Mallorca) und Spanair (über Madrid) bieten seit Anfang November 2005 regelmäßige Verbindungen nach Deutschland, österreich und der Schweiz an. Iberia bedient Santiago über Madrid oder Barcelona.
Südlich der Altstadt ist der Bahnhof der spanischen Eisenbahn RENFE. Neben regionalen und nationalen Verbindungen startet dort einmal täglich ein durchgehender Zug nach Hendaye mit internationalen Anschlussmöglichkeiten.
Am östlichen Rand der Altstadt liegt der große Busbahnhof (estación de autobuses), von dem aus Busse zum Flughafen, in viele galicische und spanischen Städte und außerdem (ohne Umsteigen) unter anderem nach Deutschland, Frankreich und in die Schweiz fahren.
Sehenswürdigkeiten
Sehenswert ist die Kathedrale von Santiago de Compostela mit ihren Reliquien. Die Fassade der Kathedrale ist auch auf den Spanischen Cent-Münzen (0,01 € bis 0,05 €) abgebildet.
Nahe der Kathedrale findet sich das Hospital de los Reyes Católicos, das seit 1509 als königliches Hospiz zur Aufnahme von Reisenden diente, die nach Santiago kamen, und heute eines der bekanntesten und luxuriösesten Parador-Hotels ist. Das Hotel ist eines der ältesten der Welt. Es verfügt über vier Innenhöfe, elegante Räume und einen prächtigen Speisesaal.
Sehr sehenswert ist die gesamte, von der UNESCO geschützte Altstadt, die mit der Kathedrale und dem Jakobsweg als Weltkulturerbe ausgewiesen ist.
Die Rua do Vilar in der Altstadt bei Nacht
Die belebteste Straße in der Altstadt Santiagos ist die Rúa do Franco, die direkt zum Platz vor der Kathedrale führt. Hier finden sich zahlreiche Restaurants mit galicischen Spezialitäten (Pulpo cocido, Vieira etc.).
Von der Kathedrale aus gelangt man durch die Rúa de Franco zum Ausgang der Altstadt und kann dann links über die Praza de Galicia (wo sich auch eine Informationsstelle befindet) in den neuen Stadtteil gehen, wo an Wochentagen zwar keine angenehme ruhige Stimmung herrscht, jedoch anschaulich wird, wie das alltägliche Leben der Galegos aussieht. Nach rechts gelangt man in die Alameda oder Parque da Ferradura, von dessen Promenade sich ein sehr schöner Blick auf die Altstadt und die Vorderseite der Kathedrale bietet. Im Schatten der Bäume fand noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts der traditionelle Compostelaner Viehmarkt statt, während sich am anderen Ende dieses „Hufeisens“ (= Ferradura) das Denkmal für die galicische Dichterin Rosalía de Castro befindet.
Neben den historischen Sehenswürdigkeiten hat Santiago de Compostela inzwischen die Kulturstadt Galizien zu bieten. Auf dem Berg Gaias entstand in den letzten Jahren nach Entwürfen des amerikanischen Architekten Peter Eisenmann eine riesige Anlage, die unter anderem ein Museum, ein Theater und eine Bibliothek umfasst.
Universität
Die Geschichte der Universität von Santiago de Compostela USC (Universidade de Santiago de Compostela) geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Heute ist die Universität in einen Süd- und einen Nordcampus gegliedert. Der Campus in Lugo gehört ebenfalls zur USC. Viele in der Altstadt befindliche Gebäude der Universität gehören mit zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Hierzu zählt insbesondere die historische Fakultät auf der Praza Universidade, deren Glanzstück die Bibliothek bildet.
OVL | GPS | KML | ||
Streckendaten | |
Schwierigkeit | Normal |
Länge | 21,7 km |
Dauer | 7 Std. |
OVL | GPS | KML | ||