Die Schlacht im Hürtgenwald: Dritter Akt – Die Allerseelenschlacht – 4. November 1944

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Am 4. November 1944 noch vor der Morgendämmerung machten sich die Sherman-Panzer der A-Kompanie des 707. Panzer-Battalions der US-Armee fertig, um den Abstieg auf dem „Kall Trail“ und die Durchquerung des Kalltals zu versuchen. Der Führer des ersten Zuges, 1st Lt. Raymond Fleig, fuhr als erster mit seinem Sherman in den steilen, rutschigen und schlammigen Waldweg hinein. Bereits nach wenigen Metern fuhr er auf eine Mine, welche die Pioniere übersehen hatten, und verlor eine Kette. Zwar war niemand verletzt worden, aber das Wrack blockierte den Waldweg für alle nachfolgenden Fahrzeuge. Der Fahrer des nächsten Sherman, S. Sgt. Spooner, hatte die Idee, die folgenden Fahrzeuge mit Hilfe des Abschlepptaus um Fleigs Panzer herum zu manövrieren, wobei dieser als Anker benutzt wurde. Kaum war so Spooners Tank auf diese Weise nach vorn bugsiert worden, stieg Fleig in diesen um – er war ebenfalls mit Funk ausgerüstet – und setzte die Fahrt fort, während Spooner die noch übrigen drei Shermans ebenfalls an dem Hindernis vorbei bringen sollte.

Während der zentimeterweisen Fahrt den „Kall Trail“ hinunter bemerkte Lt. Fleig, dass die linke Schulter des Weges immer wieder nach gab, hielt dies aber nicht für gravierend genug, um die Nachfolgenden zurück zu halten. Nachdem die Kallbrücke passiert war, bereitete der Aufstieg nach Kommerscheid wenig Probleme, und mit der Morgendämmerung fuhr in das Dorf hinein.

Inzwischen waren auch die drei übrigen Shermans um den liegen gebliebenen Panzer herum manövriert worden, und der nun an der Spitze fahrende warf an einer scharfen Felsnase eine Kette zum Teil ab. Mit Hilfe des folgenden Fahrzeugs wurde er zurück auf den Weg gezogen und in Ordnung gebracht. Auch wenn alle drei Tanks das Hindernis passieren konnten, waren sie doch noch weit entfernt davon, Lt. Fleig in Kommerscheid zur Hilfe kommen zu können.

Als es in Schmidt hell wurde – Sonnenaufgang war um 7.30 Uhr –  bemühten die amerikanischen Einheiten sich um die Verteidigung des gewonnenen Terrains. Hauptsächlich ging es um die ostwärts gerichteten Straßen nach Hasenfeld und Harscheidt, welche notdürftig vermint wurden. Immer wieder tauchten kleinere Gruppen deutscher Soldaten auf, die abgewehrt werden konnten. Unterstützt wurden die Verteidiger durch gezieltes Artilleriefeuer, welches ab 8.20 auf Harscheidt nieder ging.

Während noch die Scharmützel andauernden, tauchten plötzlich deutsche Panzer auf, und zwar jeweils fünf auf der Straße nach Hasenfeld und auf der Straße nach Harscheidt, beide gefolgt von je einem Infanteriebattalion. Die Panzer rollten unbeeindruckt von Raketentwerfern und Minen auf Schmidt zu und feuerten auf Schützenlöcher und Gebäude.

Dieses methodische, unaufhaltsame Vordringen führte zunächst zu vereinzeltem, dann immer unorganisierterem Zurückweichen der Amerikaner. Einzelne Offiziere versuchten zwar, Ordnung in die Bewegung zu bringen, aber gegen 11 Uhr waren praktisch alle amerikanischen Soldaten aus Schmidt in Richtung Kommerscheid oder in die umliegenden Waldgebiete verschwunden, unter Zurücklassung ihrer Toten und Verwundeten, und um 12.30 war auch dem Stab der 28. Division klar, dass Schmidt verloren war. Demzufolge wurde anschließend ein Bombenangriff auf Schmidt geflogen.

Lesen Sie hierzu den Bericht einer zivilen Zeitzeugin aus Schmidt.

Auf dem Abschnitt des „Kall Trails“ von Vossenack ins Kalltal tat sich in der Zeit einiges: Die Sanitätseinheit hatte rechts neben der Strecke einen etwa vie mal sechs Meter großen in den Hang gegrabenen Unterstand gefunden, der mit zwei Lagen Stämmen gedeckt war und gut als Verbandplatz geeignet war.

Der 2. Zug der A-Kompanie des 707. Panzerbattalions, das über die vorhergehenden Probleme auf dem „Kall Trail“ nicht informiert war, wollte mit drei Shermans Richtung Schmidt aufbrechen. Der erste Panzer versuchte, den liegen gebliebenen Sherman von Lt. Fleig zu umfahren, rutschte aber von der Strecke. Sobald die Crew ausgestiegen war, um den Schaden zu besichtigen, setzte feindliches Feuer ein, das einen Mann tötete und einen weiteren verwundete. Die beiden übrigen Tanks manövrierten sich zwischen den beiden fahruntüchtigen Fahrzeugen hindurch, wobei sie den zuletzt havarierten als Stütze benutzten, und der erste kam bis zu dem hervorstehenden Felsen. Dort verlor er bei dem Versuch, vorbei zu kommen, die linke Kette, der darauf folgende verlor sogar beide. Das letzte Fahrzeug des ersten Zuges war weiter unten stecken geblieben und blockierte das letzte Stück des Weges. Allein der Panzer, mit dem Lt. Fleig unterwegs war, hatte Kommerscheid erreicht, während fünf immobile Fahrzeug den Kall Trail verstopften.

In und um Kommerscheid hatten sich am Vortag amerikanische Truppenteile, die A- und D-Kompanie, fest gesetzt. Diese erlebten nun das Zurückfluten ihrer Kameraden aus Schmidt. Immerhin gelang es, einen Teil von ihnen in die Verteidigung von Kommerscheid zu integrieren, insgesamt aber wohl nicht mehr als 200 Mann, während der Rest nach Vossenack und Germeter zurück floh. Zunächst war nur ein einziger amerikanischer Panzer in Kommerscheid, nämlich der von Lt. Fleig, später stießen die beiden anderen Shermans dazu, die den „Kall Trail“ geschafft hatten. Sie stellten sich dem konzentrierten Angriff der deutschen Panzer entgegen, die sowohl an Zahl wie auch an Feuerkraft überlegen waren. Mit Artillerie- und Luftunterstützung gelang es bis 16 Uhr, mindestens fünf deutsche Panzer außer Gefecht zu setzen, und den Angriff abzuwehren. An den – von der Division befohlenen – Gegenangriff zur Rückgewinnung von Schmidt war allerdings unter diesen Umständen nicht zu denken.

Lesen Sie hierzu den Bericht Erwin Kreßmann, Hauptmann und KpChef der 1./schw PzJgAbtlg 519., der 116. Panzerdivision unterstellt. (Dieser Bericht enthält – bei aller Dramatik – auch beinahe Slapstick-Elemente)

Nach wie vor verstopften die immobilen Panzer den „Kall Trail“, wobei die ersten beiden relativ leicht umfahren werden konnten. Einer jedoch saß im letzten Stück zwischen Kallweg und Zufahrt zur Mestrenger Mühle fest, und ein weiterer an einer Engstelle, an der keine Ausweichmöglichkeit gegeben war. Während im ersten Fall ein kompliziertes Umgehungsmanöver möglich war, das für LKWs mit Anhänger erheblichen Rangier- und Schiebeaufwand bedeutete, musste der andere Tank auf jeden Fall aus dem Weg. Nach stundenlanger Arbeit gelang es, die Kette wieder auf zu legen. Dann fuhr er etwa drei Meter weit, und die Kette flog wieder runter. Also wurde sie wieder montiert, der Panzer fuhr ein paar Schritte, und schon wieder war die Kette ab. Inzwischen war es später Nachmittag geworden, und es rückten weitere Spezialisten zur Verstärkung an. Um 10 Uhr abends war die Kette wieder drauf, der Sherman fuhr etwa 20 Meter weit, und wieder war die Kette ab. Nun wurde ein Ersatzteil von dem ersten, Lt. Fleigs, Panzer geholt und montiert, und dennoch wiederholte sich das altbekannte Spiel. Schließlich blieb nichts anderes übrig, als diesen Panzer soweit wie möglich aus dem Weg zu ziehen, damit die sich inzwischen stauenden Versorgungsfahrzeuge vom Typ „Weasel“ vorbei konnten, welche den so dringend benötigten Nachschub für die Einheiten in und bei Kommerscheid an Bord hatten. Erst gegen 4 Uhr nachts war die Strecke frei, und die Versorgungsfahrzeuge machten sich nun Sorgen um ihre möglichst sichere Rückfahrt bei Tageslicht.

Im Laufe des 4. November 1944 war Simonskall, oberhalb an der Kall gelegen, ohne nennenswerten Widerstand von den Amerikanern genommen worden.

Lesen Sie die aus zahlreichen Augenzeugenberichten zusammen gestellte Erzählung von Ludwig Fischer, Heimatbund Schmidt: Smith

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Kommerscheidt

Streckendaten
Schwierigkeit Normal
Länge 8,5 km
Dauer 3 Std.

 

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